Petition

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Rimsting, 20.04.2005

 

Bayerischer Landtag

Maximilianeum

81627 München

 

 

Petition – Jodprophylaxe

Grundrechtsverletzung, medizinische und soziale Auswirkungen, Interessenkollisionen

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach mehr als 20 Jahren Jodprophylaxe zeigen sich immer deutlicher die negativen Auswirkungen dieser von ihren Initiatoren und Gesundheits-Politikern als erfolgreichste und vor allem als kostengünstigste gepriesene präventivmedizinische Maßnahme. Diese, zur Behebung eines unterstellten, allgemeinen „eiszeitbedingten“ Jodmangels durchgeführte Medikation der gesamten deutschen Bevölkerung hat inzwischen zur gesundheitlichen Schädigung von schätzungsweise mehr als 10 Mio. Menschen (Anlage 1) geführt, und deren Zahl nimmt weiter zu!

Von den Initiatoren und Befürwortern der Jodprophylaxe wurde prophezeit, dass diese im Interesse der Allgemeinheit als hinnehmbar bezeichneten „Nebenwirkungen“ und die damit verbundenen Probleme „passagerer“ Natur seien, sich also spätestens nach ein oder zwei Generationen auf Grund der dann vom Organismus besser tolerierten, nachhaltig „optimierten“ Jodversorgung von selbst erledigt haben würden. Die tatsächlichen Entwicklungen geben diesen in jeder Hinsicht fragwürdigen Prognosen jedoch offenbar nicht Recht, was auch für das stets ins Felde geführte Kostenargument zutreffen dürfte.

Auf Grund der Praxis der Jod-Prophylaxe – jodiertes Tierfutter (laut Futtermittel-VO undeklariert!) sowie die zusätzliche, nur bei verpackten Lebensmitteln zu deklarierende Jodsalz verwendung – haben die Bürger de facto nicht mehr die Möglichkeit, zwischen jodierten und unjodierten Lebensmitteln zu wählen. Die Jodprophylaxe stellt somit einen eklatanten Eingriff in die grundgesetzlich garantierten Rechte (GG Art. 1, 2 und 3) jedes Einzelnen dar, was in Anbetracht der ausgelösten Krankheiten zumindest einer bewusst in Kauf genommenen Körperverletzung vieler Menschen gleichkommt. In diesem Zusammenhang wurde seitens des von der Salz- und Pharmaindustrie finanziell „unterstützten“ Arbeitskreises Jodmangel (Sprecher Prof. Dr. Dr. med. Peter Scriba, LMU-München) der nach eigener Definition seine Aufgaben u. a. in der Entwicklung von Initiativen auf gesetzgeberischer Ebene sieht, der Begriff der „Vorsätzlichen Körperverletzung“ in „Nicht nachteilige Enttarnung schlummernder Krankheiten“ umgemünzt! Es kommt jedoch noch schlimmer:

Das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz schreckt nicht davor zurück, sich in seinem Schreiben vom 02.02.2005 (Anlage 2) ebenfalls dieser höchst bedenklichen, letztlich menschenverachtenden Argumentationsweise zu bedienen, um die vorgetragenen negativen Auswirkungen der Jodprophylaxe für Gesundheit, Lebensqualität und Lebenserwartung vieler, von jodinduzierten Schädigungen der Gesundheit Betroffener zu ignorieren oder zu bagatellisieren. Eine derartige Handlungsweise mit dem vermeintlichen Wohlergehen der Allgemeinheit zu begründen, kann von den dafür Geopferten nur als blanker Hohn und Zynismus empfunden werden! Weder ethische noch juristische Barrieren scheinen noch zu bestehen, um kühl kalkulierend das Leben der einen gegen das Leben der anderen abzuwägen!

Der beigefügte Rundbrief der Deutsche SHG der Jodallergiker, Morbus-Basedow- und Hyperthyreosekranken vom 20.01.2005 (Anlage 3), der sowohl den Bayerischen Staatsministern Herrn Dr. Thomas Goppel als auch Frau Christa Stewens als Mitgliedern des Bundesgesundheitsausschusses sowie Herrn Staatsminister Dr. Werner Schnappauf zuging, fand offenkundig bis heute keinerlei Beachtung. Schon dieses Verhalten empfinde ich als fragwürdigen Umgang mit berechtigten Bürgeranliegen!

Das StMUGV lehnt mit e-Mail vom 11.04.2005 (Anlage 4) erneut unter Hinweis auf das o. e. Schreiben vom 02.02.2005 eine auf objektiven Kriterien basierende Bestandsaufnahme sowie einen ergebnisoffenen Dialog mit den Betroffenen über die bestehenden Probleme und eventuelle Möglichkeiten zur Abhilfe rundweg ab. Ich wende mich daher nunmehr an Sie mit der Bitte, auf dem Wege des Petitions-Verfahrens eine unvoreingenommene und nicht ausschließlich dem Meinungs- und Informationsmonopol des Arbeitskreis-Jodmangel unterliegende Befassung des Landtages, der zuständigen Ministerien und Gremien in dieser Angelegenheit zu erwirken.

Vorschläge zum Procedere:

In ihrer Diplomarbeit „Ausgewählte Supplemente in Lebensmitteln, insbesondere Iod, Fluor und Folat“ an der Fachhochschule Niederrhein, Fachbereich Oecotrophologie (15.06.2004) hat sich Frau Dipl. oec. troph. Claudia Arnold umfassend mit der Jodproblematik auseinandergesetzt. IhreKernthesen zu Iod und die daraus resultierenden „Forderungen“ haben in der Fachwelt große Resonanz gefunden und sollten daher als Diskussionsgrundlage dienen. (Anm.: Vollständige Fassung der Diplomarbeit 1,15 MB)

Den folgenden 10-Punkte-Katalog, der auf persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen basiert, möchte ich gerne noch hinzufügen:

1. Erhebung von belastbaren Daten zur Entwicklung von Schilddrüsen- sowie Autoimmunerkrankungen (da sehr häufig mit Immunthyreoitiden assoziiert) seit 1989 und Entwicklung der Verordnung von SD-Therapeutika. Bayernweites SD-Screening (Sonographie, Blutanalyse SD-AK, TSH etc. - Spontanurin-Analyse reicht nicht aus, da diese lediglich eine „Momentaufnahme“ zulässt) und Untersuchung möglicher Korrelationen mit der Zunahme von Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- sowie psychischen Erkrankungen.

2. Erbringung eines Nachweises für die toxikologische Unbedenklichkeit von Kalium-Jodat als Supplement von Speise- und Nitrit-Pökelsalz („Kernthesen zu Iod“, Ziff. 15), was im Übrigen auch vom österreichischen Obersten Sanitätsrat in einem Gutachten vom 22.03.1997 gefordert wurde. In  Österreich und der Schweiz wird ausschließlich Kalium-Jodid für die Jodierung von Speisesalz verwendet. Für die Anreicherung von Tierfutter ist Kalium-Jodat ebenfalls EU-weit nicht zugelassen.

3. Aufnahme von Jodverbindungen in die Liste der deklarationspflichtigen Lebensmittelzusatzstoffe.

4. Verbot der Verwendung des jodhaltigen Farbstoffes Erythrosin (E 127) in Nahrungsmitteln, Medikamenten etc.

5. Sofortige Sicherstellung von zumindest jodsalzfreien Ernährungsmöglichkeiten in Krankenhäusern , Alten- und Pflegeheimen sowie in allen Arten von Gemeinschaftsverpflegungen.

6. Aufhebung aller von der Deklarationspflicht der Jodsalzverwendung befreienden Verordnungen z. B. bei unverpackten „losen“ Lebensmitteln in allen Bereichen wie Bäckereien, Metzgereien, Restaurants und Gemeinschaftsverpflegungen und Herstellung der „Nachvollziehbarkeit“ der Jodsalzverwendung im Fertigungsablauf. Die Verwendung mitunter stark jodhaltiger Algenprodukte (E 400 – 407) sollte ebenfalls einer generellen Deklarationspflicht unterliegen.

7. Verbot der Tierfuttersupplementierung mit Jod über das für den Erhalt der Tiergesundheit erforderliche Maß hinaus. Möglicherweise wegen extrem hoher festgestellter Jodgehalte hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bereits in diese Richtung gehende Empfehlungen ausgesprochen (Anm.: Beschluss der EU-Kommission vom 08.09.2005). Im Bio-Bereich sollte die Jodzufuhr über Mineralstoffzusätze zum Futter ganz unterbleiben (=>Etikettenschwindel!). Einführung der Deklarationspflicht von Jod mit Mengenangabe im Tierfutter!

8. Bestellung eines „Ombudsmannes“ oder einer „Ombudsfrau“ als Anlaufstelle (evtl. bundesweit) für Bürger, die sich durch die Jodprophylaxe in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt und/oder sich in ihrer Gesundheit geschädigt empfinden. Die gesammelten Hinweise und Daten könnten dann gezielt einer objektiven Analysierung und Bewertung unterzogen werden.

9. Verantwortungsbewusster Umgang mit der Informationspflicht durch das StMUGV – sowohl auf die Risiken eines Jodmangels, die Möglichkeiten zur Feststellung einer eventuell vorliegenden Unterversorgung sowie einer individuell angepassten Vorbeugung eines Jodmangels, als auch auf die Gefahren einer übermäßigen Zufuhr und deren Folgen muss objektiv und korrekt hingewiesen werden. Dieser Grundsatz sollte auch für die veröffentlichten Werte über die Jodgehalte von Nahrungsmitteln gelten.

10. Ernsthafte Prüfung des Vorwurfs der Grundrechtsverletzung durch die Jod-Prophylaxe wie im Rundbrief der Deutsche SHG der Jodallergiker, Morbus-Basedow- und Hyperthyreosekranken vom 20.01.2005 gefordert.

Selbstverständlich bin ich mir der Tatsache bewusst, dass mit meiner Petition auf EU- sowie Bundesebene verschiedenste Kompetenzbereiche tangiert werden und Bayerische Staatsregierung und Landtag nur über begrenzte Mitgestaltungsmöglichkeiten verfügen. Diese bitte ich jedoch wahrzunehmen und auszuschöpfen, um eine Verbesserung der gegenwärtigen, nicht verfassungskonformen Situation zu erreichen. Ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass die Bayerischen Staatsministerien ehrfurchtsvoll und demütig auf Berliner Instruktionen warten müssen und selbst mit keinerlei Handlungsspielraum bei der Meinungsbildung oder Erarbeitung von Vorschlägen in dieser Angelegenheit ausgestattet sind. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Aspekte der Jodprohylaxe.

Von ihren Befürwortern wird die unfreiwillige Jodprophylaxe in Deutschland häufig mit zwingenden Vorgaben von WHO sowie sonstigen international agierenden Institutionen und Gremien als Rechtfertigung begründet. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, auf die vom Bundesverfassungsgericht vertretene Auffassung hinzuweisen, wonach wesentliche Bestimmungen des Grundgesetzes nicht ohne weiteres internationalen Vereinbarungen untergeordnet werden dürften. Abgesehen davon wurde Deutschland von der WHO längst eine optimale Jodversorgung attestiert (Anlage 8). Der gemeinsame europäische Markt hat zu einer internationalisierten Lebensmittelversorgung geführt. Das Argument, Deutschland sei ein Jodmangelgebiet, dürfte schon aus diesem Grund nicht den Tatsachen entsprechen.

Abschließend verweise ich auf eine Interpellation des „Grünen“ Schweizer Nationalrates Geri Müller vom 18.03.2005 (Anlage 9), die immerhin parteiübergreifend von 13 weiteren Abgeordneten unterzeichnet wurde. Beachtenswert ist dabei die Tatsache, dass sich dieser Antrag auf Aussagen namhafter deutscher Schilddrüsenexperten stützt.

An den Beratungen im Landtag würde ich gerne - nach Möglichkeit zusammen mit Frau Dipl. oec. troph. C. Arnold - teilnehmen und bitte um rechtzeitige Bekanntgabe der entsprechenden Termine. Das StMUGV verfügt bereits über eine umfangreiche Akte unter den AZ: M-2004/5189-001 bzw. 26-A0140-2005/17-2, deren wesentlichste Bestandteile ich diesem Schreiben beifüge.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe sehr, dass nunmehr endlich ein sachlicher Dialog im Interesse der betroffenen Menschen möglich wird.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Norbert Nehring

 

Anlagen

1.  Pressemitteilung der Schilddrüsenliga vom 08.04.2003

2.  Schreiben StMUGV – Referat für Bürgeranliegen vom 02.02.2005

3.  Rundbrief der Deutsche SHG der Jodallergiker, Morbus-Basedow- und Hyperthyreosekranken vom 20.01.2005

4.  Resümee zur Korrespondenz mit dem StMUGV vom 15.04.2005

5.  Komprimierte Fassung der Diplomarbeit „Ausgewählte Supplemente in Lebensmitteln, insbesondere Iod, Fluor und Folat “ vom 15.06.2004 an der Fachhochschule Niederrhein, Fachbereich Oecotrophologie von Frau Dipl. oec. troph. C. Arnold

6.  Auszug aus der Ernährungs-Umschau 11/2004 zu festgestellten Jodwerten und Analysemethoden

7.  FEEDAP-Gutachten über die Verwendung von Jod in Futtermitteln

8.  WHO-Map „Degree of Public Health Significance of Iodine Nutrition Based on Median Urinary Iodine“ mit Stand 2003 (Anm.: Map 2003 nicht mehr online!)

9.  Interpellation des Schweizer Nationalrates Geri Müller vom 18.03.2005

10.Korrespondenz mit dem StMUGV in chronologischer Reihenfolge

 

Anlage 10 - Korrespondenz mit dem StMUGV - Auflistung in chronologischer Reihenfolge:

·    Mein Fax an das StMUGV - Herrn Minister Dr. Schnappauf - vom 23.12.2004

·    Mein Schreiben an das StMUGV – Herrn Minister Dr. Schnappauf - vom 17.01.2005

·    Mein Fax an das StMUGV – Leitung des Ministerbüros - vom 25.01.2005

·    Antwort des StMUGV - Referat für Bürgeranliegen vom 02.02.2005 (identisch mit => Anlage 1)

·    Mein Fax an das StMUGV – Herrn Minister Dr. Schnappauf - vom 07.02.2005

·    Antwort des StMUGV – Referat für Bürgeranliegen vom 28.02.2005

·    Mein Fax an das StMUGV – Herrn Minister Dr. Schnappauf - vom 02.03.2005

·    Abschließende Korrespondenz mit dem StMUGV – Ref. 34 (identisch mit => Anlage 3)

Die in der Korrespondenz rot kenntlich gemachten Anlagen habe ich beigefügt